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Marianne Sydow |
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Schnee
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Der
Stoff, mit dem alles beginnt:
Schneeflocken. Weiß und weich fallen sie vom Himmel. Aber wirklich märchenhaft ist das, was mit dem Schnee geschieht, wenn er aufhört, einfach nur Schnee zu sein. Im Winter 2005/2006, bei extrem lange anhaltendem Frost, konnte ich das zum erstenmal in meinem Leben so richtig auskosten. Dieser Winter hat mich genervt, aber um solcher Bilder willen würde ich glatt noch mal zum Fotografieren in die Kälte fahren! |
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Es
beginnt damit,
daß sich Reif auf dem Schnee absetzt - Nacht für Nacht eine neue Lage, und wenn es auch tagsüber so kalt bleibt, daß selbst im direkten Sonnenschein nichts davon wegschmilzt, kann dieser Reif auf dem Schnee die seltsamsten Dinge tun. |
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Er
kann z.B. lange Nadeln bilden,
wie auf dem Bild links oben, oder federartige Strukturen, winzigen Farnen gleich (rechts oben), oder könige Strukturen (unten links). Diese körnige Oberfläche besteht bei näherem Hinsehen aus eckigen Kristallen, die sich nach und nach zu ganzen Klumpen aufbauen, immer einer über dem anderen (rechts). Jede Kristallform gibt der Schneedecke ein anderes Aussehen, läßt sie auf ganz besondere Weise glitzern und leuchten. |
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Schnee
auf einem Kalkstein-Mäuerchen.
Er schmilzt zu einem zarten Spitzendeckchen, gefriert über Nacht zu einer dünnen Eisschicht... |
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und das ist das vorläufige Endergebnis:
ein abstraktes Bild aus Eis. |
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Das
Spiel geht weiter:
Schmelzen, gefrieren, wieder schmelzen... Hier hat es das Innere eines Plastikeimers getroffen. Wasser ist darin gefroren, Schnee lag auf dem Eis. Was nach fast vier Wochen Hin und Her davon übrigbleibt, hat mit Schnee scheinbar gar nichts mehr zu tun. Ich habe das Bild spaßeshalber mal grün eingefärbt: Sieht aus wie eine Trichterflechte. |
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Schmelzen,
gefrieren, wieder
schmelzen... Am seltsamsten geht es dort zu, wo die Sonne nur für ganz kurze Zeit hinkommt. Ein paar Minuten in einem stillen, geschützten Winkel zwischen ein paar Steinen reichen aus: die Wärme staut sich, der Schmelzprozeß setzt ein, die Sonne wandert weiter, und schon ist es in dem kleinen Winkelchen wieder eisekalt. Was gerade ein wenig angetaut war, gefriert aufs neue. Und wieder entsteht diese frappierende Ähnlichkeit zu Pflanzen. |
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Oder
auch zu Tieren:
Ein regelrechter Seestern klebt an den Steinen. Und sieht das Gebilde rechts nicht aus wie eine sonderbare Schnecke? Eiligst flieht sie in die winzige Miniaturschlucht aus brüchigen Ziegelsteinen, ehe die Sonne ihr den Garaus macht. Der Kopf der "Schnecke" ähnelt - für sich genommen - einem zarten, glitzernden Schwamm (unten). |
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Aber
die tollste Entdeckung mache ich
in einer noch dunkleren Ecke, unter einem Überhang, an einer Stelle, an die sich nur für wenige Minuten am Tag ein Sonnenstrahl verirrt: winzige, kristallene Blumen erblühen im Verborgenen, kleinen glitzernden Rosen gleich, gebildet aus nichts anderem als aus gefrorenem Wasser. |
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Eines
der Lieblings-Argumente der Gegner der Evolutionstheorie ist die Behauptung,
daß sich die komplizierten Formen des Lebens nie und nimmer aus
sich selbst heraus entwickelt haben könnten -
das sei so unwahrscheinlich, als würden die willkürlich in die Luft geworfenen und dann zu Boden gefallenen Teile eines Flugzeugs sich selbständig zu einer fertigen Maschine zusammensetzen. Das klingt wirklich sehr unwahrscheinlich. Aber andererseits sind die Flugzeugteile nicht Teil der Natur - Menschen haben sie gemacht. Das ist die einzige Verbindung, die es zwischen ihnen gibt. |
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Zwischen
diesen wunderbaren Eisgebilden und ihren
pflanzlichen und tierischen Dopelgängern gibt es jedoch eine sehr direkte Verbindung: das ist das Wasser. Wasser ist die Basis allen Lebens auf unserem Planeten. Ketten von Kohlenstoffatomen mit daran gebundenen Wassermolekülen sind der Stoff, aus dem wir gemacht sind - wir alle, vom Pantoffeltierchen bis zum Blauwal, von der Alge bis zur Rose: nichts weiter als Wasser und Kohlenstoff mit ein paar kleinen Zusätzen. |
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Wie
auch immer: Die Formen, die hier
aus ganz normalem Schnee entstanden sind, haben nicht Milliarden von Jahren gebraucht - sie entwickelten sich innerhalb weniger Winterwochen. |
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