Marianne Sydow
 
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Marianne Sydow 2004-2007
 
Marianne Sydow
 
Ogawas Perlen
 
Science Fiction Roman
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Kapitel 18:
Das Begräbnis / 3
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"Danke!" sagte sie unterwegs in das winzige Mikrophon des Scanners.

"Gern geschehen", erwiderte Cheroux. "Du siehst aus, als würdest du gleich umfallen. Was ist mit dir los?"

"Es i
st nur ein Sonnenkater", wehrte Jonna unwillig ab, aber sie spürte bei diesen Worten eine Welle von Übelkeit in sich aufsteigen. Sie kippte zur Seite, fand Halt an der Wand, stand da, schweißüberströmt, mit keuchendem Atem und Schwindel im Hirn. Alles drehte sich um sie.

Sie lauschte ängstlich, erwartete jeden Moment, daß neugierige Bürger um die Ecke kamen.

Wenn die mich so sehen, werden sie Pest und Cholera schreien!
dachte Jonna verzweifelt. Und vielleicht liegen sie damit gar nicht so weit daneben!


"Gleich um die Ecke ist eine Sani-Station", sagte Cheroux besorgt. "Laß dich untersuchen!"

"Ich bin nur müde!"

"So siehst du aber nicht aus! Jetzt mach kein Theater - ab in den Sani, verdammt! Willst du denn unbedingt eine Panik auslösen? Sie kommen gleich um die Ecke! Mach, daß du da wegkommst!"

Du hast gut reden!
dachte Jonna. Wenn du denkst, daß ich jetzt noch rennen kann...

Sie schleppte sich um die Ecke und in eine Nische. Dort sackte sie in sich zusammen.

Nur ein bißchen ausruhen!

Wenigstens war sie jetzt außer Sichtweite der Trauergesellschaft. Sie hörte gedämpfte Schritte und Stimmen vom Hauptkorridor her - sie schwollen an und wurden dann leiser, als die Gruppe an der Abzweigung vorbei war.

"Wo ist die Sani-Station?" fragte sie.

"Sechste Tür von rechts. Wirst du das schaffen?"

"Es geht gleich wieder. Ein bißchen Sonnenkater. Das war keine angenehme Fahrt da draußen!"


Und wenn ich mir nun wirklich was geholt habe?

Das System hatte die Gefahr einer Infektion in der letzten Zeit als immer geringer eingestuft. Auch die widerstandsfähigsten Krankheitserreger konnten außerhalb ihrer Wirte unter natürlichen Bedingungen nur für begrenzte Zeit überleben. Aber wenn die Außenweltler ins Spiel kamen, wurde es heikel.

Und ich war ihnen heute sehr nahe. Ich habe ihren Lagerplatz untersucht - habe ich mich dabei etwa infiziert?

Aber andererseits war sie sehr vorsichtig gewesen. Sie hatte die Hinterlassenschaften der Außenweltler nicht berührt, sondern alles - insbesondere die Essensreste - nur aus respektvollem Abstand betrachtet. Außerdem verspürte sie nichts weiter als die Symptome eines ganz normalen Sonnenkaters. Sie hatte offenbar nicht einmal Fieber.

"Soll ich dir Hilfe schicken?" fragte Cheroux, wobei ihm deutlich anzuhören war, daß er eine solche Maßnahme nur äußerst ungern in Betracht zog. Beiden - dem Observer wie auch der Protektorin - war klar, daß es unter den gegebenen Umständen nicht ganz ungefährlich war, einen mobilen Sani herbeizurufen.

Jonna atmete tief durch.

"Nein", sagte sie. "Ich schaffe das schon!"

In genau diesem Augenblick hörte sie zwei Stimmen - ganz nahe: zwei Bürger würden im nächsten Moment um die Ecke biegen.

Die kurze Verschnaufpause hatte ihr gut getan, und der durch den Schrecken ausgelöste Adrenalinstoß tat ein übriges: Jonna schaffte es gerade noch rechtzeitig, sich aufzurichten. Sie richtete ihren Scanner auf die Wand und tat, als wäre sie beschäftigt. Die beiden Bürger beeilten sich, aus ihrer Nähe zu kommen.

Als sie endlich weg waren, schleppte sie sich zu der bewußten Tür und begab sich
in die Obhut eines Saniscans.


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